Handbuch Mediation – Haft/Schlieffen

Das Handbuch Mediation von Haft/Schlieffen erschien mir – gerade aus juristischer Sicht – als Pflichtlektüre. Dabei sind nicht alle Kapitel gleich wichtig und gleich interessant. Ich habe – zugegebenermaßen – auch noch nicht alle Kapital durchgearbeitet.
Einige Anmerkungen zu Kapiteln, die ich bereits durchgearbeitet habe:

§ 1 – Propädeutikum (von Schlieffen)
Dieses Kapitel beschreibt ausführlich, wie ein Anwalt sich für Mediation interessiert und eine Kollegin (die natürlich Mediatorin ist) bei einer Mediation vom Anfang bis zum Ende begleiten darf. Ich habe dieses Kapitel kurz nach dem zweiten Modul meiner Weiterbildung gelesen und fand gerade die ausführliche Darstellung des Falls zu diesem Zeitpunkt sehr hilfreich und interessant. Das Kapitel läßt sich gut lesen und der Fall ist witzig (auch wenn „witzig“ bezogen auf Konflikte nicht gut klingen mag, hier paßt es).

§ 4 – Intuitive und rationale Verhandlung (Haft)
Haft stellt in diesem Kapitel sehr eindrücklich und nachvollziehbar dar, warum man nur mit rationalem Verhandeln interessengerechte Lösungen finden kann. Er sieht jede Verhandlung als ein Spiel, das bestimmten Regeln folgt. Um dieses Spiel gut zu spielen braucht man bestimmte Fähigkeiten. Notwendig sind dabei z.B. strategische Fähigkeiten, kreative Fähigkeiten, Beherrschen der Psychologie des Verhandelns, die Fähigkeit zum Umgang mit Macht und die Fähigkeit zur Abwehr von Manipulationsgefahren. Allein aus diesen Punkten haben sich für mich diverse Vertiefungsansätze ergeben, die ich bei nachfolgenden Buchkäufen verfolgt habe.

§ 5 – Sozialpsychologie des Verhandelns (Klinger/Bierbrauer)
Dieses Kapital vertieft einen in Kapitel 4 (siehe oben) schon angesprochenen Aspekt. Menschen verhalten sich bei der Regelung von Konflikten in der Regel nicht optimal, weil das menschliche Wahrnehmungs- und Erkenntnisvermögen begrenzt ist. Wir müssen daher ständig mehr oder wenige gute Prognosen über uns und unsere Umwelt entwerfen. Diese Prognosen passen im Alltag recht gut, in Konfliktfällen können sie jedoch unangemessene Reaktionen und Fehlentscheidungen zur Folge haben. Sowohl die grundsätzliche Orientierung eines Menschen (kooperativ, individualistisch oder kompetitiv), die Situation als auch der Verhandlungsverlauf an sich können Entscheidungen beeinflussen. Spieltheorie (z.B. Gefangenendilemma), Machiavelli (der Zweck heiligt die Mittel), naiver Realismus (der muß das doch genauso sehen wie ich) finden dort genauso Erwähnung wie Nullsummenspiele, der Bezugsrahmen „halb voll oder halb leer“ und der Ankereffekt (Einigung in der Nähe des zuerst genannten Wertes). Hier lauern überall Verhandlungsfallen, die man gerade auch als Mediatorin/Mediator erkennen sollte.

§ 6 – Kooperatives Verhalten – die Alternative zum (Rechts-)Streit – Adrian Schweizer
Dieses Kapitel ist so humorvoll geschrieben, daß es sogar unabhängig vom Thema lesenswert ist – für mich ein absolutes „Muß“ in diesem Buch. Schweizer schildert witzig und eindrücklich, was konfrontatives Verhalten ist. Menschen mit der Gabe, die absolute Wahrheit zu erkennen, sind uns allen sicher schon begegnet – aber die Schilderung in diesem Kapitel und die daraus abgeleiteten Theoreme sind Lesevergnügen pur. Bei allem Spaß schafft Schweizer es dennoch (oder gerade deshalb) die Unterschiede zwischen konfrontativem und kooperativem Verhalten darzustellen und zu schildern, wie man selbst kooperatives Verhalten entwickeln kann. Dazu gehört auch die Abbildung über die logischen Ebenen der Veränderung, die mir zwischenzeitlich in meiner Weiterbildung „begegnet“ ist.

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